Samstag, 26. Januar 2008

Ist die Liebe stärker als der Tod?

O ihr Gewalten des unterirdischen Weltraums,
Welcher uns alle aufnimmt, so viele wir sterblich erwuchsen!
Wenn ihr, ohne der falsch umschweifenden Worte Beschönigung,
Wahres zu reden vergönnt;
nicht hier zu schauen den dunkeln Tartarus, stieg' ich herab,
und nicht den schlangenumsträubten, dreifach bellenden Hals
dem medusischen Greuel zu fesseln.
Nein, ich kam um die Gattin,
der jüngst die getretene Natter Gift in die Wunde einhauchte,
und die blühenden Jahre verkürzte.
Dulden wollte ich als Mann, und strengte mich;
aber es siegte Amor.
Man kennet den Gott sehr wohl in der oberen Gegend.
Ob ihr unten ihn kennt?
Nicht weiß ich es, aber ich glaube.
Wenn nicht täuscht das Gerücht des altbesungenen Raubes,
Hat euch Amor gefügt.
Bei den Orten des Grauns und Entsetzens,
bei der verstummenden Öde und diesem unendlichen Chaos,
löst der Eurydice, flehe ich, o löst das beschleunigte Schicksal!
Alle gehören wir euch;
wann wenige Frist mir geweilt,
etwas früher und später ereilen wir einerlei Wohnung.
Hierher müssen wir alle; hier ist die letzte Behausung;
ihr beherrscht am längsten die elenden Menschengeschlechter.
Jene auch, wenn sie gereift die beschiedenen Jahre gelebt,
kommt zu euch; nur kurzen Genuß verlange ich zur Wohltat.
Wenn mir das Schicksal versagt das Geschenk der Vermählten,
niemals kehre ich von hinnen zurück!
Dann freut euch des doppelten Todes!

Aus Ovids Metamorphosen

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